RhodomanologiaDas poetische Werk von Lorenz Rhodoman bis 1588
Rhod. It.Lips. (Apparate)
Apparate
Sachanmerkungen
(1)Der Titel Iter Lipsicum erinnert an die unter dem Titel Iter Brundisinum bekannte Satire 1,5 von Horaz. In der Tat klingt in diesem
außergewöhnlichen Gedicht vielfach Scherzhaftes und Satirisches an.
Gekennzeichnet ist es ferner durch die liebevolle Zeichnung ausgewählter
Freunde wie Lemmel und Steinmetz sowie die Erwähnung seiner Lehrer Siegfried
Sack und Michael Neander. Als Gegenmotiv wirkt die umfahrene Pestgefahr.
Sprachlich kommt die Nähe zu Horaz in der Verwendung einiger nicht epischer
Vokabeln zum Ausdruck (z.B. V. 44 emungere, 205 oppidulum oder 230 lucellum) und in dem sonst einmaligen Wechsel vom Lateinischen ins
Griechische innerhalb ein und desselben Gedichtes (V. 292;
vgl. Hor. sat. 1,10,20‒35 zu Lucilius). [SW]
(2)Sternzeichen Waage: 24. September bis 23. Oktober.
(3)Andreas Lemmel, Apotheker in Lüneburg; http://geneal.lemmel.at/AndreasLemmel.html.
Die genauen Lebensdaten (11. November 1547–30. November 1593) ergeben sich
aus seiner sekundär überlieferten Grabinschrift auf dem Friedhof St.
Johannis (DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 619† (Sabine Wehking), in:
www.inschriften.net, https://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0238-di100g019k0061900).
Die Apotheker in Lüneburg gehörten offenbar zu dem gelehrten
Freundeszirkel um Lucas Lossius und Thomas Mauer, zu dem sich
auch Rhodoman Zutritt verschaffte; in einer (leider mechanisch
trunkierten) Widmung der Luneburga Saxoniae des Lossius von 1566 im Exemplar der SUB Göttingen begegnet
als Widmungsadressat ein pharmacopola – vermutlich der damals 19-jährige Andreas Lemmel oder ein
älterer Angehöriger.
(4)Die Gleichsetzung des antiken Mysien bzw. der Myser mit Meißen
ist eine schon bei Melanchthon beliebte Antikisierung.
(5)Hieronymus von Witzendorff wurde 1533 Bürgermeister und war
lutheranischen Glaubens. Er erwarb Kaltenmoor.
(6)Die folgende Zeitklage über das Übel der Ungastlichkeit bedient
die Erwartung satirischer Elemente in einem solchen Hodoiporikon.
(7)Nach Verg. Aen. 6,129f. Das Zitat steht im Zusammenhang der Schwierigkeit,
aus der Unterwelt wieder zu den Oberirdischen zurückzukehren;
die Versetzung in den gastronomischen Kontext einer Reise von Lüneburg nach
Leipzig wirkt gewollt parodistisch.
(8)In dieser typischen ἥρως‑κτιστής‑Erzählung leitet Uelzen seinen
Namen vom lateinischen Namen des Odysseus, Ulysses, her (vgl. z.B. https://www.uelzen-wo-wie-was.de/uelzen.htm).
(9)Fortsetzung der Leidens‑Aitiologie aus dem Odyssee‑Prooemium.
(10)Wieren ist heute ein Ortsteil der Gemeinde Wrestedt, südlich
von Uelzen.
(12)Timon war in der antike ein sprichwörtlicher Menschenhasser.
(13)Gemeint ist das Zeus Ammon-Orakel. Durch diesen Vergleich werden
Assoziationen mit Catos Wüstenmarsch im neunten Pharsalia‑Buch Lucans geweckt, die im Zusammenhang der Lüneburger Heide
wohl hyperbolisch und damit parodistisch wirken sollen.
(14)Die Heneter sind ein slawischer Stamm, gegen den Heinrich der
Löwe zu Felde zog. Siehe dazu auch Rhod. Magn. 27–30. [SW]
(15)An die Befestigungsanlagen von Gardelegen knüpft sich der Wunsch
nach Frieden an, der mit Motiven der aurea aetas ausgeführt wird.
(16)Das Motiv des Goldenen Zeitalters wird von Rhodoman im Protreptikon auf die eigene Zeit übertragen. [SW]
(17)Gemeint ist wohl die Colbitz-Letzlinger Heide.
(18)Gemeint sein muss Joachim Friedrich von Brandenburg, der seit
1566 evangelischer Administrator des Erzstifts Magdeburg war.
(21)Gegen die Mitte des 16. Jahrhunderts hielt Magdeburg als Hort
des Protestantismus dem Kaiser Karl V., der den Katholizismus
einführen wollte, lange Zeit stand – über die Stadt wurde sogar
1547 die Reichsacht verhängt.
(22)Rhodoman spielt hier auf die Belagerung Magdeburgs durch Kurfürst
Moritz von Sachsen vom 4. Oktober 1550 bis zum 5. November
1551 an. [SW]
(23)Gemäß Bioporikon 1561 bis 1562. Der zweiten Erwähnung Magdeburgs auf der Rückreise
ist eine ehrende Erwähnung von Rhodomans Lehrer Siegfried Sack
(1527–1596) vorbehalten, obwohl dieser von Rhodoman nicht angetroffen
wurde.
(24)Bürgermeister des amtierenden („sitzenden“) Rates im Jahr 1581 waren Thomas
Sulze und Johann Martin Alemann (†5. November 1581; dann Hans Olvenstedt).
[Auskunft PD Dr. Christoph Volckmar, Stadtarchiv Magdeburg].
(25)Rhodoman bezieht sich hier auf die 1577 ausgehandelte „Klosterbergische
Konkordienformel“. [SW]
(26)Infolge der mittelalterlich-monophthongischen Schreibweise
auledi sind ae und oe (die dann beide mittelalterlich als e
geschrieben werden) in der Folgezeit nicht mehr klar differenziert.
Wieweit der Gräzist Rhodoman sein sicherlich vorhandenes besseres
Wissen dann gegen die orthographischen Usancen seiner Zeit
umsetzte, bleibt ungewiss.
(28)Mit der hier aufgenommen Lesart Ritters wird die von Columbus
erschlossene Neue Welt mit ihren Erzeugnissen den „Waren“ der
alten Welt entgegensetzt.
(29)Eine eindrückliche Beschreibung des Leipziger Marktes findet
sich auch in dem Hodoeporicon des Jacobus Micyllus über eine Reise von Wittenberg nach Frankfurt/Oder
(VD16 M 6111). Vgl. dazu Ellinger, Georg (1929): Geschichte
der neulateinischen Literatur Deutschlands im sechzehnten Jahrhundert.
Bd. II: Die neulateinische Lyrik Deutschlands in der ersten
Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts. Berlin/Leipzig, 38.
(35)Hierzu gehört wohl der aus Leipzig stammende, später in Lübeck
tätige Jurist und Dichter Lorenz Finckelthaus (1555–1606);
ob Rhodomans Ilfelder Kommilitone Wolfgang Finckelthaus, der
in seinen Altgriechischdichtungen als Nordhäuser firmiert und
ebenfalls Jurist war (vgl. Freys Elegia), auch aus Leipzig stammte und möglicherweise dessen Bruder war
(vgl. Lizel 1730, 123f.), ist völlig ungewiss.
(36)Ein Sohn der Familie Steinmetz, mit dem Rhodoman enger befreundet
war. Er ist sicherlich identisch mit dem Johannes Steinmetz,
dem Rhodoman zusammen mit Freunden 1584 ein griechisch-lateinisches
Epithalamion widmet. Siehe Rhod. Steinm.. Die Leipziger Matrikel verzeichnen einen Johannes Steinmetz
aus Leipzig, der sich 1579 immatrikulierte und 1592 zum Doktor der
Medizin promoviert worden ist. Zu seiner Promotion trug Rhodoman einen
ganzen Gedichtzyklus bei, siehe Rhod. Trias. 1‒4 [SW]. Vor dem Medizinstudium war er Neander Schüler in Ilfeld
(als solcher firmiert er 1577 in den Carmina nuptialia … in nuptiis … Iohannis Rallae, Leipzig 1577; vgl. auch das erste Gedicht der Trias mit dem Untertitel παιδεία, welches den beiden späteren, φυσική
und ἰατρική, vorausgeht). Ein Sohn von ihm ist der Poeta Laureatus
Johannes Steinmetzius Secundus Hermundurus, in dessen Sylvae Iuveniles (Prag 1611) sich ein Zyklus von fünf polymetrischen Trauergedichten
zu Rhodomans Tod befindet (S. 101–103). Im ersten will sich
der Dichter eilenden Fußes von Leipzig zu Rhodomans Sterbeort
Wittenberg begeben (S. 102: o quam quam pede praepete / Hinc Lipsia irem Leucorin), womit das dem Dichter wohl durch seinen Vater bekannte Iter Lipsicum Rhodomans, in welchem dieser den Vater in Leipzig besuchte
und aus diesem Anlass ehrend erwähnte, gewissermaßen in der
literarischen Fiktion umgekehrt wird, indem ein Steinmetz aus
Leipzig zu Rhodoman (d.h. zu dessen Grab) aufbricht.
(37)1493–1524; Humanist, der in Leipzig starb. Das Grab befand sich in der
Nikolaikirche vor deren Umbau; in kopialer Überlieferung erhalten haben sich
eine längere lateinische Inschrift von einer ehernen Tafel und von dem
Grabstein selbst der in V. 292 zitierte und in V. 293 von Rhodoman
übersetzte griechische Vers.
(38)Claus Narr aus Ranstädt (ca. 1455–1530), der berühmte „Hofnarr“.
(39)In Anspielung auf die durch Apoll ins Heerlager der Griechen
vor Troja geschickte „Pest“. Vgl. Hom. Il. 1,9f.43‒52 . [SW]
(40)Rhodoman verfasste zahlreiche Hochzeitsgedichte.
(41)Das Magdeburger Stadtwappen zeigt eine Frau mit Kranz auf einem
Stadttor. Rhodoman bezieht sich hier auf die antikisierende
Gründungslegende Magdeburgs. Im Mittelalter leitete man den
Namen Magdeburg/Parthenopolis von einem durch Julius Caesar gegründeten
Diana-Tempel ab. Ab dem 15. Jahrhundert trat an die Stelle der Diana die
Liebesgöttin Venus und ihr Gefolge, etwa in der Saxonia (Köln 1520) von Albert Krantz, der „Croneken der Sassen“ (Mainz
1492) von Konrad Bote und später der „Chronica der Sachsen und
Nidersachsen“ (Wittenberg 1589) von Johannes Pomarius. Vgl. dazu Bierende,
Edgar (2002): Lucas Cranach d.Ä. und der deutsche Humanismus: Tafelmalerei
im Kontext von Rhetorik, Chroniken und Fürstenspiegeln. München, 213‒218
(Kapitel: „Venus und Amor“ [1508] und die auf Julius Caesar zurückgehende
Burggrafenschaft zu Magdeburg). [SW]
(43)Von 1561 bis 1562 hielt sich Rhodoman gemäß Bioporikon in Magdeburg auf, also im Alter von ca. 15 Jahren. Die Zahlenangabe
im vorigen Vers ist schwer verständlich und vielleicht korrupt.
(44)Nicht genau zu identifizierende Person. Vielleicht handelt
es sich um Johannes Schröder (GND 119824418), der in der Zeit
zwischen 1580 bis 1598 in Verbindung zum Domkapitel in Magdeburg als
Verfasser und Beiträger unterschiedlicher Schriften erscheint. In einer der
Schriften (De excellentia et dignitate hominis […], Magdeburg 1580 = VD16 ZV 14176) unterzeichnet er mit
I(uris) u(triusque) L(icentiatus), was ihn als Juristen ausweist.
[SW]
(45)Hier ist sicherlich unter anderen an den Reisebegleiter Andreas
Lemmel und eben jenen Johannes/Jan Steinmetz zu denken, dem
sich Rhodoman offensichtlich besonders verbunden fühlte. Weitere
mögliche Adressaten des Gedichtes sind die im Druck durch Majuskeln
markierten Personen: Sack, Schröder, Selnecker, Trubenbach und Walther.
[SW]
Textkritischer Apparat
Latein
1ductus a titulo editionis Lipsiensis; utrum Rhodomani ipsius
sit necne, non liquet
295doctiloquo] Claud. carm. min. app. 5,4 (doctiloqui … Maronis); de Sacco cf. etiam infra v. 357 ; de Neandro cf. primum Mauerum in responsione ad Mau. data v. Rhod. Mau. 41 et 45