RhodomanologiaDas poetische Werk von Lorenz Rhodoman bis 1588
Rhod. Coc.Ion. 1–2 (Apparate)
Apparate
Gedicht Nr. 1
Sachanmerkungen
(1)Rhodomans krankheitsbedingte Bewegungsunfähigkeit wird dem
allgemeinen Frühjahrserwachen entgegengesetzt. Dabei setzt
er prinzipiell das bei ihm geläufige Bild Ilfelds als eines
„trojanischen Pferds“, welches lutheranische „Elitekämpfer“
in die konfessionelle Auseinandersetzung schickt, fort: Er,
der offenbar momentan nicht in Ilfeld sein kann, beschreibt
sich selbst als den krankheitsbedingt vom trojanischen Kriegsgeschehen
abwesenden Helden Philoktet. Insofern dieser im Trojamythos
kriegsentscheidende Bedeutung hat, verrät dieses Bild implizit durchaus ein
starkes Selbstbewusstsein.
(2)Philoktet wurde nach dem herkömmlichen Mythos von einer Giftschlange
gebissen. Vgl. auch Rhod. Tro.2 990‒997. Dieses Gift wird hier offenbar mit dem Pfeilgift gleichgesetzt,
mit welchem die dem Philoktet von Herakles vererbten Pfeile
versehen waren. Sollte sich demnach Philoktet vielmehr an den
eigenen Pfeilen verletzt haben? Die hier vorschwebende mythologische
Version wird nicht ganz deutlich.
(3)Dieses Motiv scheint Rhodoman später im Aspastikon als Entschuldigung für das Scheitern des Germanis-Projektes wieder aufzunehmen. Vgl. Rhod. Asp. 81f. Siehe auch Rhod. Luth. 1,125f.. [SW]
(4)Deutlicher Anklang an den Auftakt von Kochs Dedikationsgedicht:
Fatidicum canimus vatem, quem bellua ponto / immersum ingenti cum
fluctu condidit alvo, […].
(5)Die u.a. von Catull in seinem Einleitungsgedicht (Catull. 1,1)
gestellte Frage nach dem geeigneten Widmungsadressaten wird
hier von Rhodoman bezüglich von Kochs Jonas gestellt. Graf Ludwig ist in der Tat Kochs Dedikationsadressat.
(6)Ähnlich wird Ludwig auch in Kochs Dedikationsgedicht angesprochen:
decus altaque Rheni / gloria [A 2v].
(7)Graf Ludwig zu Stolberg (1505–1574), Sohn von Botho zu Stolberg,
lutherisch gesinnt.
(8)Berg auf Sizilien, der reich an Bienenkräutern ist.
(9)Melchior Acontius poeta. consiliarii generosorum comitum a
Stolberg titulus in ed.; consiliarii generosorum comitum a Stolberg in locum posteriorem transposui
(10)Melchior Acontius (1515–1569), Humanist und Dichter, in Diensten
des Grafen von Stolberg. Er war seit den gemeinsamen Studientagen
in Wittenberg bei Philipp Melanchthon eng mit dem in Coc.Ion. 2 angesprochenen Georg Aemilius befreundet.
(11)Als Geburtsort von Apollo und Diana bekannter Berg auf Delos.
(12)Die Genesis Versifikation von Koch scheint im Druck nicht nachweisbar.
(16)Während die Muse Rhodoman zum Eintreten für seinen Freund Georg
Koch bestimmte, erinnert Phoebus selbst ihn an seine eigenen
prekären finanziellen Verhältnisse.
(18)Vgl. auch die Formulierung in Kochs Dedikationsgedicht: errantique
diu tumefacta per aequora navi / affer opem, ventis impletoque
vela secundis, / ut tandem optatum possit contingere portum.
[A 2v]
(19)Die Palaestina Rhodomans (im Druck 1589) war also bereits 1567 als Projekt
fest geplant.
(20)„Milch und Honig“: eine häufige biblische Umschreibung des
„Verheißenen Landes“.
(21)Rhodomans Katechismus (= Rhod. Tir.; gedruckt erst 1596) war also ebenfalls bereits 1567 als Projekt
geplant.
(22)Vgl. Rhod. Tir. 1,15 (Χριστέ, δίδου χάριν ἄμμι). Zuvor spricht Rhodoman zwar von
einem κέντρον μουσοπάτακτον (ebd. V. 2f.) und Phoibos, erklärt
dazu aber später in den Anmerkungen: Qui [sc. Phoebus] Musarum Graec(arum) et Lat(inarum) praeses olim habitus
est. Nobis vero Christianis sit Christus verus Apollo, vere Phoebus, et
Musarum vocab(ulum) poësin, carmen, artes liberales, doctrinam, studium
philosophicum significet. [SW]
(23)Neben Ludwig zu Stolberg (1505–1574) werden hier genannt: seine
Brüder Albrecht Georg zu Stolberg, Heinrich zu Stolberg (1509–1572),
Dompropst Christoph zu Stolberg und ferner wohl die Söhne seines
ältesten (geb. 1501), bereits 1552 verstorbenen Bruders Wolfgang
zu Stolberg.
(24)Gemeint sind die Klöstereinkünfte und ihre Verwendung in der
Zeit des unkorrumpierten Mönchtums.
205‒207~ Verg. Aen. 7,231sq. (Ilioneus ad Latinum regem: non erimus regno indecores, nec vestra feretur / fama levis
tantique abolescet gratia facti, / nec Troiam Ausonios
gremio excepisse pigebit)
(26)Georg Aemilius (ursprünglich: Oemler), 1517–1569, lutheranischer
Theologe. Er war von 1553 bis zu seinem Tod Generalsuperintendent
in Stolberg. Außerdem war er eng mit dem in Rhod. Coc.Ion. 1,100‒104, angesprochenen Melchior Acontius befreundet. Beide gehörten
während ihrer Studienzeit zu dem Dichterkreis um Melanchthon
in Wittenberg. Siehe dazu bes. Ellinger, Georg (1929): Geschichte
der neulateinischen Literatur Deutschlands im sechzehnten Jahrhundert.
Bd. II: Die neulateinische Lyrik Deutschlands in der ersten
Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts. Berlin/Leipzig, 110‒114.
(27)Aemilius besaß einen kleinen Garten, in dem er seltene Pflanzen
züchtete. Siehe Ellinger 1929, 110.
(28)Bewusstes Wortspiel mit der griechischen Namens Form Αἰμύλιος
und dem Neologismus αἱμυλόμολπος. [SW]
(30)Nach Volckmars Kommentar zu dem Ilfeld-Gedicht von Rhodomans
Kommilitonen Johann Volland dürfte es sich bei dem griechischen
Διάντορος ... λίμνης um den „Netzteich“ handeln, aus dem damals
das Flüsschen Bere kam, welches Ilfeld durchfließt. Siehe Volckmar 1854, 53. Demnach handelt es sich bei Διάντωρ um eine Ableitung vom
Verb διαίνω („benetzen“). „Diantor“ würde dann etwa der „Benetzer“
meinen. Man könnte es dann als Adjektiv zu λίμνη verstehen
(im Sinne von „benetzendes Gewässer“/„Netzteich“; Wörter auf
-ωρ können auch feminin sein, vgl. E. Or. 1584: τὴν Ἑλλάδος μιάστορ’). In der Ilfelda Hercynica erwähnt Rhodoman den Reichtum an Gewässern in der Gegend um
Ilfeld. Siehe Rhod. Ilf.Herc. 141‒145.
(31)Frühester Beleg für die griechische Namensform Ῥοδομάν mit
einem „n“. Im Titel und den Marginalien zu Coc.Ion. 1 erscheint der Name noch durchgehend als „Rhodomannus“.
[SW]